Mohri's Ansichten

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Die anthropologische Kausalität des Todes Gottes in Jürgen Moltmanns „der gekreuzigte Gott“

Posted by mohri - 27. Juni 2012

 Ich will im Kurzen der Frage nachgehen, inwiefern der „Tod Gottes“ Relevanz für die Menschheit besitzt , aufgrund des Zitates von Karl Barth in Moltmann`s „Der gekreuzigte Gott“: „Gott will verlieren, damit der Mensch gewinne“. Denn es stellt sich auf den ersten Blick die Frage, ob es sich hierbei nicht um einem kleinen und schwachen Gott handelt, da er erst „verlieren“ muss um die von ihm erschaffenen Abbilder zu gewinnen.

Diese Frage würde wohl der Atheismus stellen, der in Jesus Christus, mit Einschränkung, überwiegend nur den Menschen Jesus sieht. Gleichwohl diese Betrachtung doch unzureichend ist, denn – Ecce Homo! – auch der Mensch Jesus an sich war von anderem Sein, als es sich die Menschheit vorstellen kann Wer sich also, in welcher kognitiven Form auch immer, Jesus Christus nähern will muss zugleich das „Ecce Deus!“ mitbetrachten.

Gottes Selbst ist eben ein ganz anderes. Er mag wohl der sein, über den nichts Größeres gedacht werden kann, der außerhalb von Zeit und Raum existiert, aber doch ist er nicht fernab vom Leiden. Da Gott in Christus war und die Welt mit sich selber versöhnte, hatte zum einen Christus das Selbst Gottes in sich. Es war eben kein Hirngespinst und von den Menschen selbst erdachter Götze, der doch wackelt, und auch kein Gott der Herrlichkeit, der nur fernab der Menschheit diesem Schauspiel der menschlichen Tragödie Jesu von Fernem als Unbeteiligter in vorderster Loge beiwohnte.

Zum anderen, um die Welt auch wirklich zu versöhnen, musste Christus als Gottmensch den Schmerz der Welt erleiden, sodass er derjenige, als auferweckter Gekreuzigter, sein kann, der durch das Erleben der tiefsten Gottverlassenheit schon die Hölle erlebte. Christus war wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich, somit konnte er auch all das erleiden. Was wäre die christliche Theologie ohne ihren leidenden Gott? Wohl nichts als Schimären.

Endlich kann dadurch postuliert werden: „Nur der leidende Gott kann helfen“ Der religiöse Mensch sucht sich seinen „deus ex machina“, findet jedoch „nur“ den ohnmächtigen und leidenden Gott, der eben dadurch seine Macht in der Welt gewinnt.

Jeder Mensch ist ganz persönlich für den Tod Jesu verantwortlich. Zum einen trug er unsere Sünden und wurde dadurch auch „für uns zur Sünde gemacht“. Zum anderen begegnet uns der Mensch Jesus, so wir ihn fragen wer er für uns heute eigentlich ist – denn eigentlich sucht ein jeder Mensch ja nach dem Sinn des Lebens, somit muss ein Jeder auch Gott einmal die Frage stellen, wer er denn sei -,  den wir durch unsere Ablehnung – durch unsere menschliche Ungeduld – an’s Kreuz bringen, denn hier will sich der göttliche Logos offenbaren im wahren Mensch-Sein, da das Individuum danach fragt, wer eigentlich Gott sei. Danach jedoch zeigt er sich uns wieder, doch nun als auferstandener Herr. Hier heißt es: bekennen und anerkennen, oder ablehnen und ignorieren.

Doch Gott verliert. Aber was genau verliert er eigentlich? Es mag so scheinen, als ob Gott durch sein Selbst, seine Offenbarung in, am und durch das Kreuz seine Herrlichkeit, Allmacht und seine Göttlichkeit verliert. Doch ist das nichts weiter als ein Trugschluss. Denn, wie schon in schmalen Grundzügen dargelegt, bedingt ja der Kreuzestod seine Herrlichkeit. Wenn also vom leidenden Gott die Rede ist, so bedeutet dies keine Beschränkung der Gottheit Gottes. Es bedeutet wohl den Verlust des religiösen Gottes auf göttlicher Seite. Vom Menschen her betrachtet bedeutet dies aber die dialektische Gegenüberstellung des göttlichen und des menschlichen Selbst. Das menschliche Selbst muss also durch den spekulativen Karfreitag hindurch, um sich in die größte Gottverlassenheit zu begeben und hier in  jener Verlassenheit den leidenden Gott erleben, auf dass er ihn danach als Gott der Herrlichkeit erkennen mag.

Für die Kirche bedeutet dies, wenn sie sich als wahre Gemeinde Jesu Christi verstehen will, dass sie Kirche in der Erniedrigung werden und sein muss, denn auch erst in der Erniedrigung ist Christus pro nobis geworden. Denn „… das Leiden Christi ist… als Kraft Gottes und … Tod als Seinsmöglichkeit Gottes [zu] denken“. Es mündet alles in der Hingabe, Ohnmacht und Menschlichkeit Gottes am verfluchten Kreuz von Golgatha. Es bedeutet nicht weniger als Tod in Gott und Gott in diesem Tod.

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